Achalasie

Achalasie

© Dr.H.G.Schulz - mit freundlicher Unterstützung durch Portal Internet GmbH

Version 6.2 vom 31.07.2011

 

Achalasie Achalasie Achalasie

Die Störungen der motorischen Funktion der Speiseröhre

(Achalasie - diffuser Ösophagusspasmus - Nußknacker-Ösophagus - Ösophagus-Divertikel)

 

Störungen in der motorischen Transportfunktion der Speiseröhre können durch Symptome wie Schluckstörungen, Oberbauchschmerzen, Sodbrennen aber auch durch unspezifische Beschwerden hinter dem Brustbein symptomatisch werden, die zunächst als "Herzbeschwerden" mißgedeutet werden. Nicht selten "landen" die Patienten zunächst beim einem Herzspezialisten, der durch eine mehr oder weniger umfangreiche Diagnostik trotz andauernder Beschwerden ein gesundes Herz attestieren kann. In dieser Situation kann eine wenig belastende Funktionsuntersuchung der Speiseröhre sinnvoll sein, um der Ursache der Beschwerden auf den Grund zu gehen und diese dann adäquat zu therapieren.

 

Achalasie (Cardiaspasmus):



 

Achalasie-Formen:

A - Hypermotile Form = Vigorous Achalasie (Schmerz, Dysphagie, aktive Regurgitation)

B - Hypomotile Form (Dysphagie, Schmerz, Regurgitation)

C - Amotile Form (Dysphagie, Regurgitation)

 

 

Die Achalasie ist eine seltene Nahrungspassagestörung der Speiseröhre, deren Symptome in der Regel mit dem Lauf der Erkrankung stetig zunehmen. Häufig sind Schluckstörungen das führende Symptom, es kann aber auch zusätzlich zu wiederkehrenden Krämpfen im Brustkorb kommen. Bei einigen Betroffenen treten zunächst ausschließlich Brustkrämpfe auf, so dass dieses Symptom als Beschwerden einer Herzerkrankung missgedeutet werden.

  Die Erkrankten befinden sich nicht selten in einer ausgesprochen unglücklichen Situation: Die Achalasie ist eine sehr seltene Erkrankung, so dass die Symptome durch die behandelnden Mediziner häufig als psychosomatische bzw. psychische Störungen missgedeutet werden. Die Betroffenen werden zwar in vielen Fällen relativ rasch endoskopiert (Magenspiegelung), um der Ursache der Schluckstörungen auf den Grund zu gehen - aber, und das ist in diesem Fall besonders schlimm: Die Achalasie ist in den frühen Stadien nicht oder nur kaum zu sehen, so dass das Ergebnis der Magenspiegelung häufig lautet: Normalbefund, keine krankhaften Veränderungen ! Das führt dazu, das sich der Stempel der scheinbar psychischen Ursache immer weiter bei den Betroffenen einbrennt und sie beginnen, an sich selber zu zweifeln. Ich denke, für einen Erkrankten, der Einschränkungen eines Grundbedürfnisses erdulden muss, kann es kaum schlimmer kommen: Leiden unter den täglichen, teilweise massiven Symptomen und keiner glaubt einem! Isolation und Vereinsamung können die Folge sein.


Die Ursache der Beschwerden sind zum einen die
fehlende Öffnung des oberen Magenpförtners am Ende der Speiseröhre im Bereich des Mageneinganges (Detail-Information). Zum anderen fehlt eine adäquate Transportfunktion, um den Speisebrei vom Mund in den Magen fortzubewegen. Die Muskulatur ist überwiegend schlaff und zieht sich bei jedem Schluck gleichzeitig mit erheblich zu niedrigen Muskeldrücken zusammen. Als Folge bleibt die Speise in der Speiseröhre stecken, sammelt sich an und führt zu Erbrechen, bzw. passivem Hochlaufen des Speisebrei in der Speiseröhre (sog. Regurgitation). Vorallem bei nächtlich auftretender Rückfluß kann es mit unter zu einem "einatmen" der Substanzen in die Luftröhre kommen, die eine gefährliche Lungenentzündung auslösen können (sog. Aspirationspneumonie).

Die teilweise erheblichen Schluckstörungen führen bei fast allen Betroffenen im Laufe der Erkrankung zu einem zunehmenden Gewichtsverlust.

Der Verlauf der Achalasie ist unterschiedlich: Bei einige Betroffenen nehmen die Symptome in ihrer Intensität sehr schnell zu, bei anderen geht die Zunahme schleichend vor sich. Eine Gemeinsamkeit haben jedoch alle: Ohne Behandlung verschlechtert sich die Situation bei allen Erkrankten.

 

 

TV-Beitrag zur Achalasie - EVK Castrop-Rauxel ("Lokalzeit Dormund", WDR)

Download hier (mpeg-File)

 

TV-Beitrag zur Achalasie - EVK Castrop-Rauxel ("Punkt 12", RTL)

Download hier (mpeg-File)

 

Die Diagnose läßt sich gut durch eine Druckmessung (Manometrie) in der Speiseröhre nachweisen. Der Röntgen-Kontrasmittelschluck kann in fortgeschrittenen Phasen der Erkrankung das charakteristische Bild einer Sektglas-Speiseröhre zeigen. In Frühstadien ist diese Untersuchung aufgrund des uncharakteristischen Befundes häufig nicht richtungsweisend, eine Druckmessung zeigt dann aber bereits häufig schon das charakteristische Bild der Achalasie. Trotzdem kann man sich nicht auf die Druckmessung und den Kontrastmittelschluck alleine verlassen, eine Endoskopie (Magenspiegelung) des oberen Verdauungstraktes sollte in jedem Falle zur Routinediagnostik gehören, um andere Ursachen für Schluckstörungen nicht zu übersehen.

 

Röntgen-KM-Breischluck-Bilder verschiedener Verlaufsformen der Achalasie:

Achalasie Achalasie Achalasie
Klassische Form (typische "Sektglasform") Megaösophagus Vigorous Achalasie

 

 
 

 

 

 

Therapiemöglichkeiten:


Therapeutisch stehen bei der Achalasie folgende Optionen zur Verfügung, die alle die Erweiterung des Mageneingangspförtners zum Ziel haben:

1) Konservativ-Medikamentöse Therapie: Calciumantagonisten u.a. . . .

2) Interventionelle Therapiestrategien: Pneumatische Ballondilatation und Injektion von Botulinustoxin in den Speiseröhrenschließmuskel

3) Operative Therapie: Laparoskopische Spaltung der Speiseröhrenmuskulatur (Heller-Myotomie)

 

Die medikamentöse Therapie verwendet Präparate, die den Muskeltonus (Muskelspannung) der Ösophagusmuskulatur herabsetzen können. I.d.R. sind dies Präparate, deren routinemäßiger Einsatz bei völlig anderen Erkrankungsformen zum Einsatz kommt (Bluthochdruck, Herzkranzgefäßverengung, u.a.) und die aus diesem Grund auch nicht unbedingt frei von unangenehmen Nebenwirkungen sind. Insbesondere Calciumantagonisten (Nifedipin) und Nitrate gehören zu den Standardmedikamenten in der nichtinvasiven Therapie der Achalasie. Beide Präparate wirken blutdrucksenkend und dies kann bei Patienten mit sowieso niedrigen Blutdruck zu Schwindel u.a. Symptomen führen, die letztlich zum Therapieabruch führen.

Auch das Präparat Sildenafil (Viagra) wurde wegen seiner muskelentspannenden Wirkung an Achalasie-Betroffenen getestet. Die Wirkung war zwar besser (Verbesserung Schluckstörung in 36,4%), als bei den herkömmlichen Präparaten, die Nebenwirkungen allerdings dementsprechend intensiver (Schwindel/Blutdrucksenkung/Kopfschmerzen).

Insgesamt ist der Einfluß der Medikamente auf die Symptome jedoch gering und die Ergebnisse der medikamentösen Therapie eher bescheiden. Aus diesem Grund kommt sie i.d.R. nur in den Anfangsstadien der Achalasie und bei interventionell/operativ nicht therapierbaren Patienten zum Einsatz.





Die Ballondilatation ist ein anerkanntes Verfahren bei der der verengte Mageneingang durch eine über eine Magenspiegelung eingeführten Luftballon "gesprengt" wird. Der Vorteil der Methode liegt darin, daß keine Operation notwendig ist, da der Eingriff über eine Magenspiegelung durchgeführt wird. Der Nachteil liegt jedoch in einer mit rund 5% Wahrscheinlichkeit auftretenden Perforation (Einriß aller Schichten) der Speiseröhre mit der Gefahr einer sog. Mediastinitis (Lebensgefährliche Entzündung / Vereiterung des Mittelfelles, in dem u.a. das Herz liegt). Zudem sind nicht selten nach 1-5 Jahren erneute Dilatationen notwendig, wobei bei jeder erneuten Sprengung eine zunehmende Vernarbung des Mageneingangs entsteht (... eventuell nachteilig für eine spätere operative Versorgung ).

 

Literatur: Veröffentlichte Ergebnisse in der Medizinliteratur

Die Technik der Ballondilatation ...

Achalasie

 

Endoskopische Applikation des BTX durch die Schleimhaut in den Schließmuskel (Katheter mit Nadel weiß im Bild links)

Die Botulinustoxin-Injektion (BTX) ist ein standardisiertes Therapieverfahren, das ebenfalls über eine Magenspiegelung durchgeführt wird. Hierbei injiziert man in den Mageneingangspförtner eine Substanz, die den Muskel erschlaffen läßt. Die kurz- und mittelfristigen Therapieerfolge sind mit 65-100% Responderrate gut, die Langzeitergebnisse sind allerdings eher enttäuschend (Ergebnisse):

Ein Langzeitdauererfolg kann durch BTX nicht erzielt werden. Im Vergleich zur pneumatischen Dilatation sind die Ergebnisse in direkten Vergleichsstudien bei der BTX-Behandlung schlechter.

 

Zusatzinformationen zu Botulinustoxin



Myotomie nach Heller

Myotomie nach Heller

Die operative Muskelspaltung (Myotomie nach Heller) zählt ebenfalls zu den Standardverfahren. Die erste Myotomie wurde 1903 von Heller beschrieben und seither vielfach durchgeführt. Bis zur Einführung der flexiblen Endoskopie (Magenspiegelung) war dies Verfahren das Standardverfahren zur Behandlung der Achalasie.

Gute Langzeitergebnisse liegen für das "offene" chirurgische Verfahren (via Bauchschnitt) vor (INFO).

 

Mit der Einführung der laparoskopischen Operations-Technik (INFO) kann nun ein sehr schonendes Verfahren angeboten werden, welches die guten Langzeitergebnisse aus der offenen Operationsweise (INFO) mit den Vorteilen des schonenden laparoskopischen Vorgehens kombiniert (INFO). Die Muskulatur des Mageneingangspförtners wird über wenige Zentimeter längs - unter Schonung der Schleimhaut - gespalten. Geichzeitig können Teilmaßnahmen aus der Antirefluxchirurgie (INFO) zugefügt werden, die eine zu große Durchlässigkeit des Mageneingangs in die umgekehrte Richtung verhindern.

 

 

Dieses Verfahren ist operationstechnisch anspruchsvoll, in der Hand des erfahrenen laparoskopischen Magen- und Speiseröhrenoperateurs aber unproblematisch durchzuführen. Der Vorteil der Methode liegt in einem dauerhaften Langzeiterfolg.
 

Blick in den OP während einer laparoskopischen Operation 

Die laparoskopische Heller-Myotomie (OP-Ablauf anhand von Bildern)

Sinn / Unsinn zusätzlicher Antirefluxmaßnahmen im Rahmen der Heller-Myotomie

Individuelle Wahl der Manschette

Ergebnisse der laparoskopischen Heller-Myotomie (Literatur)

Eigene Ergebnisse der laparoskopischen Heller-Myotomie (Chirurgische Universitätsklinik, Marienhospital Herne und Abteilung für Visceralchirurgie, EVK Castrop-Rauxel)

Ergebnisse der konventionellen Heller-Myotomie

Der Sonderfall: Vigorous Achalasie

Der Sonderfall: Erneute Schluckstörungen nach Myotomie

Vergleich: Offene + laparoskopische Technik - Ergebnisse verschiedener Therapieformen

(Myotomie <-> Dilatation) im direkten Vergleich!

Einfluß verschiedener Vorbehandlungsformen auf das Ergebnis der laparoskopischen Myotomie

Einfluß des Ausmaßes der präoperativen Ösophagusdilatation auf das postoperative Ergebnis

Achalasie im Kindesalter

Achalasie und Behinderung (Versorgungsamt)



 

Selbsthilfegruppe Achalasie 

Offenes Diskussions-Forum (Österreich)

News-Group Achalasie (englisch)




 

Diffuser Ösophagusspasmus, Nußknacker-Ösophagus:

Nussknacker SpeiseröhreRöntgen-Kontrastdarstellung eines Patienten mit einem Nußknacker-Ösophagus verbunden mit einem diffusen Ösophagus-Spasmus, (Quelle: Dr.Zimmermann, GE)


Beide Erkrankungen betreffen die Speiseröhrenmuskulatur überhalb des Mageneingangs. Bei dem diffusen Ösophagusspasmus zieht sich die Muskulatur überwiegend simultan, ohne Pumpwirkung beim Schlucken zusammen, wobei die Druckkraft (Kontraktionsamplitude), mit der sich die Muskulatur zusammenzieht, normal ist. Im Unterschied hierzu finden sich bei der sog. Nußknackerspeiseröhre sehr hohe Kontraktionsamplituden bei erhaltener Pumpfunktion der Speiseröhre. Beide Krankheitsformen können in selten Fällen kombiniert auftreten oder ineinander übergehen. Typische Symptome beider Erkrankungen sind belastungsunabhängige Schmerzen hinter dem Brustbein und/oder teilweise auftretende Schluckstörungen.
Die Therapie besteht i.d.R. in einer medikamentösen Entspannung der Speiseröhrenmuskulatur, die jedoch nicht in allen Fällen ein befriedigendes subjektives Therapieergebnis gewährleistet.

Als weitere Therapieoption steht auch hier in Einzelfällen die Botulinustoxininjektion in die Speiseröhrenmuskulatur zur Verfügung, wobei das Verfahren sich für diese beiden Erkrankungsformen noch im Versuchstadium befinden und Ergebnisse noch ausstehen. Bei ausgeprägten Fällen kann auch hier eine operative Sanierung des Leidens in Form einer Bauch- bzw. Brustspiegelungsoperation notwendig werden, wobei in den bislang für die offene chirurgische Technik veröffentlichten Langzeitergebnissen ein in ca 85% sehr gutes bis gutes Ergebnis der Operation zu erwarten ist.

 

Ösophagus-Divertikel:


Epiphrenische Divertikel der Speiseröhre:

Sog. epiphrenische Divertikel entstehen überhalb des Zwerchfelles. Bei diesen Ausstülpungen der Speiseröhre drückt sich die innere Auskleidung der Speiseröhre (Schleimhaut) durch die beiden Muskelschichten der Speiseröhre und bildet einen mehr oder weniger große Aussackung.

Epiphrenisches Divertikel

Die Divertikel entstehen i.d.R. durch deutlich erhöhte Druckamplituden im unteren Bereich der Speiseröhre sowie durch eine gestörte Relaxation (Öffnungsfähigkeit) des Mageneingangsschließmuskels.

In der Regel müssen diese Divertikel chirurgisch entfernt werden. Dies läßt sich relativ schonend per Bauchspiegelung durchführen (Originalbilder einer OP). Die Abtragung der Ausstülpung muss mit einer Muskelspaltung des Schließmuskels im Bereich des Mageneingangs kombiniert werden, um zu verhindern, dass der hohe Druck in der Speiseröhre weiterhin bestehen bleibt. Diese Muskeldurchtrennung erfolgt in der selben Vorgehensweise, wie sie operativ bei Vorliegen einer Achalasie durchgeführt wird (siehe oben).

Epiphernisches Divertikel

Röntgen-Kontrastdarstellung eines Patienten mit einem epiphrenischen Ösophagus Divertikel

 

  

 

Home || Sodbrennen - Die Zwerchfell-OP - Fachinformationen || Schluckstörungen

OP ohne Narben || Publikationen || LINK`s II Zeitschriften 

Kontakt

 

 

 

Verfasser: Dr.H.G.Schulz, Chefarzt der Abt. für Allg.-/Visceralchirurgie, EvK Castrop-Rauxel